Der Fachbereich Gesellschaftswissenschaften umfasst an der Ernst-Schering-Schule die Fächer Geschichte, Politik, Erdkunde und Ethik. Mit einem planerischen Vorlauf von einem Jahr haben sich die Kolleg*innen der gesellschaftswissenschaftlichen Fächer mit Beginn des Schuljahres 2019/20 entschlossen neue Wege zu gehen.
Es ist unsere Überzeugung, dass sich die Erfahrungswelt von Schüler*innen nicht in einzelne Schulfächer unterteilt. Vielmehr begegnen ihnen ganzheitliche Phänomene, die in ihnen Fragen aufwerfen, die nicht von einer einzelnen Disziplin alleine beantwortet werden können. An der Ernst-Schering-Schule möchten wir diese Fragen der Schüler*innen ernst nehmen, da sie eine hohe intrinsische Motivation versprechen, sich mit gesellschaftlich relevanten Fragen und Problemstellungen zu beschäftigen.
Für alle am Schulleben Beteiligten stehen an der Ernst-Schering-Schule die Schüler*innen und ihre Lebenswirklichkeit im Mittelpunkt des pädagogischen Handelns. Der Ansatz des fächerverbindenden Unterrichtens ermöglicht es uns, diesem Handeln in besonderer Weise gerecht zu werden. Wir möchten den Schüler*innen keine künstlichen Problemstellungen unter fachspezifischen Gesichtspunkten vorsetzen, die sie nur „für die Schule“ lösen. Vielmehr möchten wir Jugendliche helfend dabei unterstützen, reale Problemstellungen aus ihrer Lebenswelt zu benennen, einzuordnen und gemeinsam mit ihnen versuchen Antworten auf ihre Fragen zu finden.
Basierend auf dieser Überzeugung haben sich die Kolleg*innen des Fachbereichs zusammengesetzt und alle Vorgaben der Rahmenlehrpläne der Einzelfächer in einem schulinternen Curriculum neu angeordnet. Im Mittelpunkt der pädagogischen Überlegungen stehen dabei Problemfragen, die sich an den Interessen und Erfahrungen der Schüler*innen orientieren. Diese Problemfragen beziehen entwicklungsspezifische Überlegungen ein und berücksichtigen den Entwicklungsstand der Schüler*innen der einzelnen Jahrgänge.
Zu Beginn eines Schuljahres wird eine jahrgangsspezifische Problemfrage aufgeworfen, die als roter Faden aller Themengebiete eines Schuljahres dient und das Lernen organisiert. Pro Jahrgang gibt es drei bis fünf Themengebiete, die unter jeweils einer weiteren problemorientierten Fragestellung stehen. Bei der Beantwortung dieser Fragen erhalten die Schüler*innen Hilfestellungen aus allen beteiligten Einzelfächern des Fachbereichs.
Hier finden Sie eine Übersicht aller Problemfragen: Themenverteilung GeWi 07-10 Jg.
Für die Vor-und Nachbereitung des Unterrichts ist pro Jahrgang ein multiprofessionelles Team aus Geschichts-, Politik-, Geografie und Ethiklehrer*innen zuständig, das gemeinsam für alle Kolleg*innen des Jahrgangs Unterrichtseinheiten entwickelt und nach der Durchführung evaluiert und überarbeitet.
Dieser Ansatz des fächerverbindenden Unterrichtens bedeutet für den Unterrichtsalltag der Schüler*innen, dass sie sich in fünf Wochenstunden, meist in einem Dreier- und einem Zweierblock, mit gesellschaftlichen Themen beschäftigen, die nicht nach Fächern, sondern nach Themen angeordnet sind, jedoch alle Inhalte des Rahmenlehrplans der Einzelfächer beinhalten. Durchgeführt wird der Unterricht in der Regel von zwei Kolleg*innen unterschiedlicher Profession, in vielen Fällen mindestens im Zweierblock zu zweit in der Klasse, dem Gedanken des Teamteachings folgend.
Am Ende eines Themengebiets erfolgt eine Lernstandsüberprüfung, die transparent eine Einzelnote aller beteiligten Fächer ermittelt, sodass auf dem Zeugnis die Leistungen in den Einzeldisziplinen separat ausgewiesen werden.
Der oben beschriebene Ansatz des fächerverbindenden Unterrichtens, sowie die Organisation des gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichts in Blöcken vereinfacht die Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern. So haben wir beispielsweise gemeinsam mit der Bildungsabteilung des Jüdischen Museums Berlin speziell auf unser schulinternes Curriculum abgestimmte Bildungsformate entwickelt. Dies bietet den Vorteil, dass ein Museumsbesuch nicht zusammenhangslos an einem Wandertag durchgeführt werden muss, sondern inhaltlich passend in den Unterrichtsalltag integriert werden kann. Der außerschulische Lernort Museum wird somit für unsere Schüler*innen Teil ihrer alltäglichen Unterrichtserfahrung.
Anknüpfend an den oben beschriebenen Lebensweltbezug unserer Schüler*innen führen wir in den Drei-Stunden-Blöcken Projekte durch, in denen wir das Schulhaus verlassen:
In dem Projekt „Stolpersteine“ untersuchen Zehntklässler*innen den Bezirk Wedding hinsichtlich sichtbarer Spuren nationalsozialistischer Verbrechen und recherchieren Einzelschicksale.
Das Projekt „Industriegeschichte“ wird im achten Jahrgang gemeinsam mit Studierenden der „Hochschule für Technik und Wirtschaft“ durchgeführt. Dabei untersuchen die Schüler*innen die historischen Entwicklungen des Arbeiterbezirks Wedding, werden selbst handwerklich tätig und setzen sich in Zeitzeugeninterviews mit geschichtlichen Zusammenhängen sogenannter „Gastarbeiter*innen-Biografien“ auseinander.